Bei den Bausparkassen dürften heute die Korken knallen: Erstmals hat ihnen ein Oberlandesgericht (OLG) bestätigt, dass die Aufkündigung eines Bausparvertrags mit einem festen Zinssatz rechtens ist, wenn dieser seit Jahren zuteilungsreif ist. Das geht aus einem heute veröffentlichten Beschluss des OLG Hamm hervor, mit dem das Gericht bereits Ende Dezember 2015 die Berufung eines Bausparers gegen die LBS West zurückgewiesen hat (Az. 31 U 191/15).

Gerade die treuen Kunden sind vielen Bausparkassen mittlerweile ein empfindliches Übel. Viele haben ihre Bausparverträge vor über 20 Jahren abgeschlossen, mit attraktiven Zinsen von zum Teil deutlich über 3% p.a. Im aktuellen Niedringszinsumeld haben immer mehr Sparer ihre Altverträge als Kapitalanlagen erkannt und zahlen, trotz Zuteilungsreife, weiter fleißig ein. Das führt zu erheblichen Zinsbelastungen der Bausparkassen, die das einst gegebene Renditeversprechen nur schwer oder kaum mehr erfüllen können.
Viele Institute versuchen, diese wachsenden Kosten aus ihren Büchern zu bekommen: zunächst mit sanftem Druck, immer häufiger aber auch mit der Aufkündigung der Bausparverträge nach der Zuteilungsreife. Mittlerweile wehren sich zahlreiche Kunden gegen die Kündigungen vor deutschen Gerichten. Mit der Entscheidung des OLG Hamm, das die Position der Bausparkassen deutlich stärkt, liegt nun erstmals ein Urteil in zweiter Instanz vor.
LBS West beruft sich auf Kündigungsrecht nach Zuteilungsreife
In dem konkreten Fall wehrte sich ein Bausparer aus Siegen gegen die Kündigung seines Bausparvertrags. Er hatte bei der LBS West 1991 einen Vertrag mit einer Bausparsumme von 44.000 DM abgeschlossen, der eine Verzinsung von 3% p.a. vorsah. Laut den Vertragsbedingungen konnte die LBS West den Vertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seiner Verpflichtung zur Einzahlung nachkommt. 1997 lag die Zuteilungsreife vor, der Bausparer nahm jedoch das Darlehen nicht in Anspruch.
Zum Jahresende 2014 kündigte die Bausparkasse mit Hinweis auf § 489 BGB. Diese Norm sieht vor, dass ein Darlehensnehmer einen Vertrag mit festem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren seit dem vollständigen Empfangen des Darlehens – hier die Zuteilungsreife – kündigen darf. Der Bausparvertrag ist ein Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Darlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Dagegen ging der Bausparer gerichtlich vor. Er hielt die Kündigung für unwirksam, was die Gültigkeit seines lukrativen Bausparvertrags zur Folge gehabt hätte.
Vor überlanger Bindung an Zinssätze schützen
Doch seine Klage blieb, wie auch in der Vorinstanz am Landgericht Münster, erfolglos. Der OLG-Senat bejahte, dass die LBS West den Bausparvertrag wirksam nach § 489 I Nr. 2 BGB gekündigt hatte. Dabei läuft die Zehnjahresfrist bereits ab Zuteilungsreife des Darlehens. Damit soll der Darlehensnehmer vor überlangen Bindungen an festgesetzte Zinssätze geschützt werden – und die Norm gelte sowohl für den Kunden als auch die Bausparkasse.
Mit dem Eintritt der Zuteilungsreife, so eine Mitteilung des OLG Hamm, liege es allein beim Bausparer, seinen Anspruch auf die Bausparsumme zu begründen, indem er die Inanspruchnahme gegenüber dem Institut anzeigt. Und in dieser Situation seien die wirtschaftlichen Interessen der Bausparkassen schützenswert, meinten die Richter am OLG Hamm.
Bausparkasse ist erleichtert
„Ziel eines Bausparvertrags ist ein zinssicheres Darlehen, nicht die langfristige hochverzinsliche Kapitalanlage“, kommentierte ein Sprecher der LBS West den Beschluss aus Hamm. Nach Auffassung des Gerichts werde der Bausparvertrag „zweckentfremdet“, wenn Bausparer den Vertrag lediglich dafür nützten, um von der Bausparkasse „nicht mehr marktgerechte Zinsen“ für ihr Guthaben zu generieren. Nach Auskunft der Bausparkasse hat der OLG-Beschluss bereits zur Beendigung weiterer Klagen geführt. Noch mehr könnten zeitnah folgen, denn offenbar haben die Senate anderer OLGs angekündigt, sich in ihren Fällen an der Entscheidung aus Hamm zu orientieren.
Die LBS West wurde in dem Prozess von der Kanzlei Simon und Partner aus Düsseldorf vertreten. Ob der unterlegene Kläger Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen wird, ist derzeit noch nicht bekannt.
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